
Der rapide wachsende Ärztemangel in Deutschland macht Ärzte aus dem Ausland zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Gesundheitssystems. Laut der Statistik der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2024 steigt die Zahl der im Ausland geborenen Ärzte in Deutschland seit Jahren an; allein im Jahr 2024 wurden 5.383 Ärzte erstmals registriert, und der Anteil der jüngeren Generationen an der Gesamtzahl der Ärzte steht in direktem Zusammenhang mit der Abwanderung. Die Behörde betont, dass ohne diese Zuwanderung die Zahl der Ärzte jährlich um etwa 2.000 Personen sinken würde (https://www.bundesaerztekammer.de/baek/ueber-uns/aerztestatistik/2024). Darüber hinaus zeigt die detaillierte Ärztestatistik für 2024, dass der Anteil ausländischer Ärzte an der Gesamtzahl rund 15 % erreicht hat (https://www.coliquio.de/content/aerztliches-leben/zahlen-fakten-zu-deutschlands-aerztinnen-und-aerzten-51692). Die Erlangung der Gleichwertigkeit (Approbation) und die Aufnahme der Berufstätigkeit sind für viele internationale Ärzte jedoch zu einem jahrelangen bürokratischen Prozess geworden. Fragmentierte Bewerbungsverfahren in den einzelnen Bundesländern, begrenzte Quoten für die Fachsprachprüfung (C1) und Kenntnisprüfung (Kompetenz-/Anpassungsprüfung) sowie lange Wartezeiten für Termine und Gutachten sind die Folge. Wartezeiten von bis zu 15 Monaten bis zu drei Jahren, insbesondere für Ärzte aus der Ukraine, waren in den letzten Jahren Gegenstand heftiger öffentlicher Kritik (https://www.welt.de/politik/deutschland/article252822286/Bilanz-verheerend-Deutsche-Buerokratie-bremst-gefluechtete-ukrainische-Aerzte-aus.html).
Ein aktueller Bericht des SPIEGEL liefert detaillierte Beispiele dafür, wie Ärzte aus der Türkei in Deutschland aufgrund langer Wartezeiten, wiederholter Untersuchungen, Schwierigkeiten bei der Dokumentenüberprüfung und unterschiedlicher Praktiken in den einzelnen Bundesländern „disprofessionell disqualifiziert“ werden. Der Bericht betont, dass trotz des Ärztemangels bürokratische Engpässe sowohl zugewanderte Ärzte als auch die Patientenversorgung belasten (https://www.spiegel.de/panorama/tuerkische-aerzte-in-deutschland-warum-sie-hier-keine-zulassung-erhalten-a-0719e52d-2a9a-4604-a568-451a393abca4?sara_ref=re-xx-cp-sh). Diese Ergebnisse decken sich mit den Erfahrungen des Gesundheitssystems in diesem Bereich: Während Kleinstädte und Provinzkrankenhäuser Schwierigkeiten haben, Stellen zu besetzen, verlieren Ärzte, die auf die Gleichwertigkeit warten, Zeit in befristeten Jobs oder nicht-klinischen Positionen. Auch die Bundesärztekammer und Ärztevermittlungsplattformen bestätigen, dass ausländische Ärzte das Gesundheitssystem am Laufen halten, der Papierkram und die Prüfungsprozesse jedoch einen Engpass darstellen (https://aerztestellen.aerzteblatt.de/de/redaktion/deutschland-arbeiten-woher-kommen-auslaendische-aerzte).
Eine Studie von Zekeriya Aktürk und Kollegen der Universität Augsburg aus dem Jahr 2024 vergleicht die berufliche und wirtschaftliche Situation von Angehörigen der Gesundheitsberufe, die die Türkei verlassen haben, vor und nach der Migration. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sowohl Push-Faktoren (berufliche Unsicherheit, Sicherheit und Leistungsbedenken) als auch Pull-Faktoren (stabile Beschäftigung, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten) einflussreich sind. Derselbe Artikel und verwandte Datensätze berichten auch von einem deutlichen Anstieg der Zahl türkischer eingewanderter Ärzte in Deutschland nach 2012 (https://ijmshr.com/uploads/pdf/archivepdf/2024/IJMSHR_398.pdf).
Zwei Tatsachen sind klar: Deutschland hat Mühe, das Leistungsniveau in diesem Bereich ohne ausländische Ärzte aufrechtzuerhalten; Die Abhängigkeit von externen Ressourcen ist besonders in ländlichen Gebieten und kleinen Krankenhäusern stark ausgeprägt. Die Verfahren zur Gleichwertigkeits- und Sprachprüfung sind in den einzelnen Bundesländern unvorhersehbar, inkonsistent und langsam, was zu langen Wartezeiten für qualifizierte Ärzte führt, bevor diese aus dem System ausgeschlossen werden.
Die Datenlage ist eindeutig: Ausländische Ärzte gleichen den Ärztemangel in Deutschland aus; der fragmentierte und langsame Gleichwertigkeitsmechanismus schadet jedoch sowohl der Karriere der Ärzte als auch der Kapazität des Systems. Spiegels Feldforschung und die wissenschaftliche Literatur stimmen überein: Ein schnelles, standardisiertes und faires Anerkennungsverfahren für Ärzte in Deutschland muss so schnell wie möglich etabliert werden.
In diesem Zusammenhang halten wir die folgenden Empfehlungen für hilfreich:
- Ein standardisiertes und transparentes „nationales Kernverfahren“: Anpassung der Bewerbungs-, Dokumentenprüfungs- und Prüfungspläne an die Mindeststandards auf Bundesebene; transparente Bekanntgabe der Unterschiede zwischen den Bundesländern.
- Kapazitätssteigerung und -beschleunigung: Regelmäßige und häufige Terminvergabe für Fachsprachprüfung und Kenntnisprüfung; Migration der digitalen Bewerbungs- und Termininfrastruktur auf ein einziges Portal.
- Überbrückungsprogramme: Die Wartezeit für Ärztinnen und Ärzte, die auf die Gleichwertigkeit warten, soll durch betreute klinische Rotationen und modulare Ausbildungspakete klinisch wertvoll gestaltet werden.
- Schutz vor Missbrauch und illegaler Registrierung: Mindestlohn-/Mentoring-Standards und Grundsätze der Unternehmensverantwortung für Ärztinnen und Ärzte während der Wartezeit.
- Zielorientierte Sprachkompetenz: Praxisorientierte Prüfungsinhalte und gezielte Sprachkurse messen die klinische Kommunikationskompetenz und halten gleichzeitig den medizinischen Sprachstandard C1 ein.