In den letzten Jahren haben viele internationale Akteure große Nahrungsmittelprojekte gestartet, mit dem Anspruch, die landwirtschaftliche Produktion in Afrika zu steigern. Diese Projekte, die angeblich „Afrika ernähren“, bedeuten für die Menschen vor Ort und die Bauern auf dem Kontinent jedoch keine Ernährungssicherheit, sondern eine Abhängigkeit vom Saatgut.
Das globale Abenteuer des Saatguts: Wer ernährt wen?
Laut der Dokumentation „Der große Saatgutdiebstahl“, die von Al Jazeera English ausgestrahlt wurde, verschwinden alte Saatgutsorten, die von einheimischen Bauern in Afrika seit Tausenden von Jahren angebaut und von Generation zu Generation weitergegeben wurden, aufgrund des Drucks multinationaler Konzerne rapide. Diese Samen werden oft durch patentierte Hybridsamen ersetzt und dieses neue System schafft eine Abhängigkeit, die die Landwirte dazu zwingt, jede Saison neue Samen zu kaufen.
Saatgutbanken oder Saatgutgefängnisse?
Die von Norwegen, den USA und anderen globalen Akteuren finanzierten „Saatgutbanken“ werden zwar angeblich zum Schutz der Artenvielfalt eingerichtet, doch sind sie auch mit rechtlichen Rahmenbedingungen verbunden, die Landwirte daran hindern, Saatgut weiterzugeben und neu anzupflanzen. Einige Staaten der Afrikanischen Union haben begonnen, diese gesetzlichen Regelungen unter dem Namen „landwirtschaftliche Entwicklung“ umzusetzen. Dieses System verhindert jedoch, dass die Bauern Eigentum am Saatgut haben, und fördert die Kommerzialisierung des Saatguts statt dessen Produktion.
Ahnensamen: Der Schlüssel nicht nur zur Vergangenheit, sondern auch zur Zukunft
Erbstücksamen haben nicht nur einen nostalgischen Wert; eine strategische Ressource für die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel, die biologische Vielfalt und die Ernährungssouveränität. In der Dokumentation betonen Landwirte und lokale Organisationen von Tansania bis Kenia, dass einheimisches Saatgut nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die kulturelle Identität von entscheidender Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang entwickeln Befürworter von traditionellem Saatgut alternative Modelle, die auf lokalem Wissen, lokalem Saatgut und den eigenen Entscheidungsmechanismen der Landwirte basieren und sich gegen internationale Nahrungsmittelprogramme richten.
Lektionen für die Welt
In der Türkei und auf der ganzen Welt wird traditionelles Saatgut schnell durch hybrides, importiertes und patentiertes Saatgut ersetzt. Zu den wichtigen Strategien, die entwickelt wurden, um diesem Trend entgegenzuwirken, zählen lokale Saatgutnetzwerke, die Unterstützung kleiner Produzenten und die Förderung des Saatgutaustauschs.
Ähnliche Dynamiken sind auf der ganzen Welt zu beobachten, insbesondere in Südasien, Lateinamerika und dem Nahen Osten. Die Kommerzialisierung von Saatgut wird nicht nur zu einem wirtschaftlichen Instrument, sondern auch zu einer Form biopolitischer Kontrolle. Internationale zivilgesellschaftliche Netzwerke versuchen, ein transnationales Solidaritätsnetzwerk aufzubauen, um die Saatgutrechte der Bauern zu verteidigen.
So agiert beispielsweise La Via Campesina, die weltweit größte Bauernbewegung, die über 200 Millionen Landwirte in über 80 Ländern weltweit vertritt, im Rahmen des Konzepts der „Ernährungssouveränität“, sowohl auf politischer Ebene (FAO, UNO usw.) als auch in Verbindung mit lokalen Bewegungen.