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Aus der Türkei eingewanderte Forscherinnen und Forscher tauschten ihre Erfahrungen aus

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Zoom – 29. Juli 2025: Akademische Solidarität e.V. veranstaltete am Abend des 29. Juli 2025 ein virtuelles „Erfahrungsaustauschtreffen: Forscher/Dozent an der Universität werden“. Die Online-Veranstaltung, die rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Zoom anzog, präsentierte vier türkische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Gastrednerinnen und Gastredner. Sie berichteten von ihrem Weg zum Aufbau einer akademischen oder wissenschaftlichen Karriere im Ausland und gaben Einblicke in die Herausforderungen und Strategien für die Fortsetzung des akademischen Lebens im Ausland. Die Rednerinnen und Redner waren:

  • Dr. Zekeriya Aktürk – Ärztin und Forscherin,
  • Dr. Lokman Alpsoy – Forscherin in Chemie und Biologie,
  • Dr. Sena Arslan – Fachkrankenschwester und
  • Dr. Burhan Cevik – Experte für Karrierewege im IT-/Softwaresektor.

Im Folgenden fassen wir den Hintergrund und die wichtigsten Erkenntnisse der einzelnen Rednerinnen und Redner zusammen.

Dr. Zekeriya Aktürk: Neuaufbau einer medizinischen Forschungskarriere in Deutschland

Dr. Zekeriya Aktürk, einer der ersten Professoren für Allgemeinmedizin in der Türkei, berichtete, wie politische Unruhen seine Karriere unterbrachen und wie er sie in Deutschland wieder aufbaute. Nach den Ereignissen im Juli 2016 in der Türkei wurde Dr. Aktürk trotz einer herausragenden Karriere als Medizinwissenschaftler per Notverordnung (KHK) von seiner Universitätsstelle entlassen. Er beschrieb diese Zeit als schmerzhaften beruflichen Neustart; zeitweise drohte ihm wegen seiner angeblichen Verbindungen sogar eine 14-monatige Haftstrafe – eine Erfahrung, die ihn ins „Exil“ aus der türkischen Wissenschaft zwang.

Im Jahr 2020 zog Dr. Aktürk im Alter von 55 Jahren nach Deutschland, um einen Neuanfang zu wagen. Er wurde als Forscher am Institut für Allgemeinmedizin der Technischer Universität München aufgenommen. Später wechselte er an die Medizinische Fakultät der Universität Augsburg, wo er heute als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Allgemeinmedizin arbeitet. Innerhalb weniger Jahre erlangte er in Deutschland seine Facharztzulassung zurück und erhielt damit das Recht, zu praktizieren und sogar eine Klinik zu eröffnen oder zu leiten. Stolz bemerkte er: „Ich habe gezeigt, dass ich meine Karriere durch Leistung und nicht durch Bevorzugung erreicht habe, indem ich 24 Jahre später dieselbe Karriereleiter erneut erklommen habe“ – eine deutliche Botschaft an diejenigen, die seine Leistungen in der Türkei untergraben hatten.

Dr. Aktürks Geschichte verdeutlichte mehrere Schlüsselstrategien für den Erfolg im Ausland. Zunächst betonte er die entscheidende Bedeutung von Sprachkenntnissen. Er erinnerte sich an seine Vorbereitung auf die deutschen Medizinprüfungen und sagte: „Der Schlüssel zur Ausübung Ihres Berufs im Ausland ist das Erlernen der Sprache.“ Er würdigte, dass er schon früher Deutsch gelernt und in der Türkei sogar Deutschkurse gegeben hatte, was ihm einen Vorsprung bei der Integration in das deutsche System verschaffte.

Dr. Aktürk betonte, wie wertvoll es sei, das eigene Fachwissen zur Lösung globaler Probleme einzusetzen. Er hat seine persönlichen Erfahrungen zu einem Forschungsschwerpunkt gemacht: An der Universität Augsburg interessiert er sich unter anderem für Migrationsforschung und untersucht aktiv den anhaltenden Exodus von medizinischem Fachpersonal aus der Türkei. Während des Treffens erläuterte er einige allgemeinere Zusammenhänge aus seiner Arbeit: Über 7.000 Akademiker wurden nach 2016 per Notverordnung von türkischen Universitäten entfernt, und in den letzten Jahren haben über 4.000 türkische Ärzte das Land verlassen, um im Ausland bessere Möglichkeiten zu finden. Diese ernüchternden Statistiken vermittelten den Teilnehmern ein Gefühl für das Ausmaß der Abwanderung von Fachkräften aus der Türkei, während Dr. Aktürks Weg ein hoffnungsvolles Beispiel für deren Überwindung darstellte. Er betonte, dass Anpassungsfähigkeit, kontinuierliches Lernen und die Aufrechterhaltung des beruflichen Selbstvertrauens von entscheidender Bedeutung seien. Obwohl er in einem neuen Land bei Null anfangen musste, gelang es Dr. Aktürk, seinen Status als Facharzt und Forscher zurückzugewinnen. Er hofft, dass diese Leistung andere inspirieren wird, die vor ähnlichen Hindernissen stehen.

Dr. Lokman Alpsoy: Von einer geschlossenen Universität zur Spitzenforschung in Europa

Dr. Lokman Alpsoy berichtete von seinem Weg von einem hochrangigen Wissenschaftler in der Türkei zu einem Forscher in Deutschland. Vor 2016 war Dr. Alpsoy Dekan des Instituts für Gesundheitswissenschaften und Leiter der Abteilung für Biologie an der Fatih-Universität in Istanbul. (Die Fatih-Universität war eine angesehene Privatuniversität, bis Erdoğan sie 2016 schloss.) Die plötzliche Schließung seiner Universität im Zuge der Säuberungen nach 2016 ließ Dr. Alpsoy, wie Tausende andere Wissenschaftler, ohne Institution zurück. Er beschrieb die Unsicherheit und den Identitätsverlust, die mit dem abrupten Ende seiner akademischen Karriere in der Türkei verbunden waren.

Entschlossen, seine wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen, suchte Dr. Alpsoy nach Möglichkeiten im Ausland. Schließlich zog er nach Deutschland und ist heute außerordentlicher Professor und Forscher an der Universität Freiburg. Am Freiburger Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) leitet er ein Forschungsprojekt zu innovativen Biomaterialien – insbesondere zu hydrogelkügelchenbasierten Trägern für die potenzielle Krebsforschung und -diagnose. In dieser Funktion kann er seine Expertise in Molekularbiologie und Chemie in die interdisziplinäre Spitzenforschung einbringen. Dr. Alpsoy merkte an, dass der Übergang in ein neues Forschungsumfeld zunächst eine Herausforderung war – er musste sich mit neuen Laboren und Fördersystemen vertraut machen –, aber seine umfangreiche Publikationsliste und seine Erfahrungen in der Türkei halfen ihm, seine Stelle in Deutschland zu sichern. Er hat über 60 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und wird fast 1.600 Mal zitiert, was seine anhaltende Produktivität im Exil widerspiegelt.

Ein wichtiges Thema in Dr. Alpsoys Vortrag war die Bedeutung von beruflichen Netzwerken und Mentoring. Er betonte, wie die Teilnahme an Förderprogrammen für vertriebene Akademiker seine Integration erleichterte. So nahm er beispielsweise an einer Mentoring-Initiative von Academics at Risk e.V. teil, einer in Deutschland ansässigen Solidaritätsorganisation für gefährdete Wissenschaftler. Dr. Alpsoy ermutigte andere nachdrücklich, sich Mentoren und Unterstützung aus der Gemeinschaft zu suchen, und merkte an: „Sie sind nicht allein – es gibt Netzwerke, die sich dafür einsetzen, Wissenschaftlern wie uns zu helfen, unsere Arbeit in einem freien und sicheren Umfeld fortzusetzen.“

Während der Fragerunde sprach Dr. Alpsoy auch über die Notwendigkeit, das eigene Fachwissen an die Prioritäten des Gastlandes anzupassen. In seinem Fall wechselte er von der Lehre und der administrativen Leitung in der Türkei zu einer fast ausschließlichen Forschungstätigkeit in Deutschland. „Ich bin vom Dekan wieder zum Laborwissenschaftler geworden“, sagte er lächelnd und betonte, dass beim Wiederaufbau einer Karriere keine Aufgabe zu bescheiden sei. Er riet seinen Kollegen zur Flexibilität: „Seien Sie bereit, verschiedene Rollen zu übernehmen. Vielleicht waren Sie zu Hause Professor oder Manager; vielleicht beginnen Sie im Ausland als Postdoc oder Techniker. Betrachten Sie es als Lernerfahrung.“

Dr. Sena Arslan: Stärkung von Gesundheitsfachkräften über Grenzen hinweg

Dr. Sena Arslan bot Einblicke aus der Perspektive einer Gesundheitsforscherin, insbesondere für nichtärztliche Gesundheitsfachkräfte, die ihre Karriere international vorantreiben möchten. Nach ihrer Ausbildung in der Türkei war Dr. Arslan dort in der Gesundheitsforschung und -ausbildung tätig – beispielsweise wirkte sie 2016 an Studien zur Pflege und Patientenversorgung in türkischen Einrichtungen mit. Wie viele Kollegen wurde ihre frühe Karriere jedoch durch die Instabilität des türkischen Hochschulsektors beeinträchtigt. Entschlossen, ihren akademischen Weg fortzusetzen, zog sie in die Niederlande, um sich weiterzubilden und zu forschen.

Seit 2018 forscht Dr. Arslan in der Abteilung für öffentliche Gesundheit und Innere Medizin am Erasmus-Universitätsklinikum in Rotterdam, Niederlande. Ihre Schwerpunkte liegen in der Pflegeausbildung, dem Patientenselbstmanagement und der Unterstützung in der Palliativversorgung. Ihre Veröffentlichungen behandeln Themen wie die Auswirkungen von Schlafmangel auf die Herzgesundheit von Pflegekräften und die Selbstwirksamkeit von Pflegefachkräften bei der Patientenbetreuung. Dr. Arslans Erfolg im Ausland ist auch ein Beleg für internationale Solidaritätsprogramme: Sie erhielt Unterstützung vom Scholar Rescue Fund (SRF), der ihre Forschung finanzierte und sie in die niederländische akademische Gemeinschaft integrierte. Sie erklärte, dass Stipendien und Fellowships, die sich ausdrücklich an gefährdete Wissenschaftler richten, eine wichtige Brücke zu Chancen in Europa sein können.

In ihrem Vortrag ging Dr. Arslan auf die besonderen Herausforderungen ein, mit denen nichtärztliche Gesundheitsfachkräfte konfrontiert sind, die ins Ausland migrieren. Im Gegensatz zu Ärzten, deren Qualifikationen oft klare Anerkennungsmöglichkeiten haben, ist die Übertragung der Qualifikationen von Fachkräften wie Krankenpflegern, Labortechnikern oder Experten im öffentlichen Gesundheitswesen möglicherweise schwieriger. Sie berichtete, dass sie nicht nur eine neue Sprache (Niederländisch) lernen, sondern ihre Expertise manchmal auch durch zusätzliche Zertifizierungen und ein PhD-Programm „erneut unter Beweis stellen“ musste, um die Gleichwertigkeit in Europa zu erlangen. Ein wichtiger Ratschlag, den sie gab, war, weiterführende Abschlüsse oder Spezialisierungen im Ausland zu erwerben, um in das System einzusteigen. Beispielsweise kann die Einschreibung in ein Master- oder PhD-Programm die eigenen Qualifikationen verbessern und als Sprungbrett für den Berufseinstieg dienen.

Dr. Arslan betonte zudem die Bedeutung von Soft Skills und kultureller Anpassung. Sie merkte an, dass sich die Gesundheitspraktiken und Arbeitskulturen in der Türkei und Westeuropa erheblich unterscheiden können. So seien Pflegekräfte in den Niederlanden beispielsweise stark in die klinische Entscheidungsfindung eingebunden, was von ihr erfordere, ihre Herangehensweise anzupassen und türkisch ausgebildete Kollegen zu ermutigen, diese Kompetenzen zu erwerben. Sie betonte die kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung: „Seien Sie offen für neue Protokolle, neue Technologien und auch neue Wege der Kommunikation mit Patienten und Kollegen“, sagte sie. Auf diese Weise könnten sich auch nichtärztliche Fachkräfte weiterentwickeln und wertvolle Perspektiven aus ihrem Heimatland einbringen.

Dr. Burhan Cevik – Integration an deutschen Universitäten

Nach langjähriger Tätigkeit als Physiklehrer entwickelte Dr. Burhan Cevik später in seiner Karriere ein Interesse an Informationstechnologie und Informatik. Neben seiner Tätigkeit als Physiklehrer schloss er seinen Master und seine Promotion in diesen Bereichen ab. Bevor er die Türkei verlassen musste, arbeitete er bereits an einer Universität im Bereich Softwareentwicklung.

Dr. Cevik arbeitet in den Bereichen Virtual-Reality-Umgebungen, haptische Schnittstellen und Roboterarme. Aufgrund des Mangels an Wissenschaftlern mit Expertise in allen drei Bereichen in Deutschland erhielt er schnell Antworten auf seine vorherigen Bewerbungen. Im zweiten Bewerbungsverfahren unterzeichnete er einen Vertrag mit einer Hochschule, bei der er ein Vorstellungsgespräch hatte.

Später begann er, sich auf Projektbasis zu bewerben, und unterzeichnete nach seinem ersten Vertrag einen zweiten. Derzeit arbeitet er an einem von ihm selbst vorgeschlagenen Projekt, das mit rund 1,6 Millionen Euro gefördert wird. Dabei arbeitete er mit seiner Hochschule, zwei Unternehmen und einem Universitätsklinikum zusammen.

Aufgrund seiner Erfahrungen betonte er, wie wichtig es sei, Projektausschreibungen in Deutschland und der Europäischen Union zu prüfen und darauf basierend innovative und originelle Ideen zu entwickeln. Er betonte außerdem, dass die Zusammenfassung dieser Ideen in einem kurzen und klaren Text, der Austausch mit einem Professor des entsprechenden Fachgebiets an einer Universität und die klare Formulierung der eigenen Motivation äußerst wirksame Schritte zur Sicherung einer akademischen Stelle seien.

Dr. Cevik rät seinen Kollegen, nicht schüchtern zu sein und die Sprachbarriere nicht als unüberwindbare Hürde zu betrachten. Er ermutigt sie, die Sprache weiter zu lernen und sich gleichzeitig auf akademische Stellen zu bewerben, und nicht die Motivation zu verlieren, wenn sie negative Antworten erhalten. Er erklärte, dass er heute nicht in seiner jetzigen Position wäre, wenn er diesen Ansatz nicht selbst gewählt hätte.

Er betonte außerdem, dass die Zusammenfassung dieser Ideen in einem kurzen und klaren Text, der Austausch mit einem Professor des entsprechenden Fachgebiets an einer Universität oder Hochschule und die klare Formulierung der eigenen Motivation äußerst wirksame Schritte zur Sicherung einer akademischen Stelle seien.

Er wies darauf hin, dass die Aufnahme einer Stelle an einer Universität oder Hochschule auch Lehrmöglichkeiten für Wissenschaftler eröffne. In diesem Zusammenhang hat Dr. Cevik Backend- und Frontend-Vorlesungen für Bachelorstudierende gehalten und unterrichtet derzeit die Vorlesung „Haptische Schnittstellen“ für Masterstudierende.

„Trotz seiner Weichheit und Fließfähigkeit ist der Hauptgrund, warum ein Wassertropfen Marmor abtragen kann, sein ständiges Tropfen an derselben Stelle.“

Von der Säuberung zur Erneuerung: Gold wird im Exil nicht anlaufen

Seit 2016 wurden mehr als 7.000 Akademiker durch Notverordnungen von türkischen Universitäten entlassen – Teil einer umfassenderen politischen Säuberung, die Tausende von Karrieren und Leben zerstört hat. Dennoch zeigen die Geschichten des „Experience Sharing Meeting“, wie viele hochqualifizierte Menschen in ganz Europa erfolgreich ihr akademisches Leben wiederaufgebaut haben. Dank ihres Fachwissens, ihrer Belastbarkeit und Anpassungsfähigkeit haben sie sich neue Aufgaben in Forschung und Lehre gesichert und leisten oft einen Beitrag für ihre Gastländer, während sie gleichzeitig ihre akademischen Verbindungen zur Türkei aufrechterhielten. Ihre Erfolge verdeutlichen sowohl die Tragik der erzwungenen Abwanderung als auch das Potenzial für Erneuerung, wenn Talente durch Solidarität und Chancen gefördert werden.

Aus der Türkei migrierte Ärztinnen und Ärzte diskutierten auf dem 4. Ärztekongress über berufliche Zukunft und Solidarität

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Der 4. Ärztekongress, organisiert von der Medical Academy and Care e.V. (MAC, https://medical-academy-care.de/), fand am 26. und 27. Juli 2025 in Frankfurt statt und wurde von über 200 aus der Türkei migrierten Ärztinnen und Ärzten besucht. Die Veranstaltung unter dem Motto „Medizin kennt keine Grenzen – Brücken bauen und Zukunft gemeinsam gestalten“ beleuchtete zahlreiche Aspekte des beruflichen Werdegangs von eingewanderten Ärztinnen und Ärzten in Deutschland.

Der zweitägige Kongress behandelte in acht Modulen Dutzende von Themen. Der erste Tag konzentrierte sich auf die klinischen Erfahrungen der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland, das Verfahren zur Facharztausbildung, die Approbationsphasen, akademische Karrieremöglichkeiten, freiberufliche Tätigkeiten und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten. Der zweite Tag konzentrierte sich auf die Rolle künstlicher Intelligenz in der Medizin, grundlegende Informationen zum Versicherungssystem, berufliche Integrationsprozesse und ethische Verantwortung.

Auf dem Kongress begannen Prof. Zekeriya Aktürk, Vorstandsmitglied von Academic Solidarity e.V., und die Forschungsgruppe „Academic Writing“ mit der Datenerhebung für eine Studie, die Migrationsprozesse unter Teilnehmenden mit quantitativen und qualitativen Methoden untersucht. Die Gruppe hatte ihre migrationsbezogenen Forschungsergebnisse bereits in verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht (https://ijmshr.com/uploads/pdf/archivepdf/2024/IJMSHR_398.pdf, https://www.amazon.de/-/en/Zekeriya-Akt%C3%BCrk-ebook/dp/B0D8GM89R2, https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/111889/file/111889.pdf).

Die Teilnehmer hatten zudem die Möglichkeit, sich beim Frühstück und Abendessen auszutauschen. Die technische Infrastruktur und das kulturelle Angebot des Kongresshotels machten die Veranstaltung zu einer Plattform nicht nur für wissenschaftliche, sondern auch für soziale Solidarität. Am Abend wurde ein Konzert unter der Leitung von Ersin Kilic dargeboten. Herr Kilic, der als Musik- und Deutschlehrer tätig ist, engagiert sich seit etwa sechs Jahren ehrenamtlich in der Sprachförderung, insbesondere in der Vorbereitung immigrierter Ärztinnen und Ärzte auf die Fachsprachprüfung. Für diese Veranstaltung stellte er eigens eine Band zusammen, die ausschließlich aus immigrierten, ehrenamtlich engagierten Musikliebhabern bestand – darunter drei Ärzte. Auch seine 13-jährige Tochter Beyzanur war Teil der Gruppe; sie spielte sowohl die Bağlama (ein traditionelles türkisches Saiteninstrument) als auch die Bendir (eine Rahmentrommel) (https://www.instagram.com/guel.zar).

Die Migration von Ärzten aus der Türkei nach Deutschland ist nicht mehr individuell, sondern massenhaft.

In den letzten Jahren hat die Migration von Ärzten aus der Türkei nach Deutschland Rekordwerte erreicht. Allein die Telegram-Gruppe „Ärzte in Deutschland“ (Almanya’da Doktorluk) zählt aktuell 11.844 Mitglieder. Diese Zahl zeigt, dass Migration keine individuelle Entscheidung mehr ist, sondern eine strukturelle Flucht.

Die Wirtschaftskrise in der Türkei, der zunehmende Druck auf das Gesundheitssystem und der durch die politische Polarisierung verursachte Burnout zählen zu den Hauptgründen für diese Migration. Nach Angaben der Türkischen Ärztekammer beantragten allein im Jahr 2023 2.685 Ärzte ein Führungszeugnis für eine Tätigkeit im Ausland – im Jahr 2012 waren es nur 59 (https://www.ttb.org.tr/haber_goster.php?Guid=86cb0d7a-822c-11ee-bc4d-13da0eb35bac).

Die „Lasst sie gehen“-Mentalität und die zahlenmäßige Realität des Zusammenbruchs

Präsident Recep Tayyip Erdoğans Aussage, die die Abwanderung von Ärzten im Jahr 2022 herunterspielte und mit den Worten „Wenn sie gehen, lasst sie gehen“ bekräftigte, wird von vielen Ärzten als Wendepunkt angesehen. Laut Daten des türkischen Statistikinstituts erreichte der Rückgang des jährlichen Realeinkommens von Ärzten im Jahr 2022 30 %. In einem Umfeld, in dem die Inflation selbst nach offiziellen Angaben 60 % erreicht, befinden sich Ärzte in einer Zwickmühle zwischen finanzieller Not und beruflicher Unzufriedenheit (https://www.cumhuriyet.com.tr/turkiye/secimden-sonra-yurtdisina-gitmek-icin-iyi-hal-belgesi-alan-doktor-sayisinda-rekor-2086732).

Inkompetenz, zunehmende Gewalt und politischer Druck machen die Ausübung der Medizin in der Türkei zudem unhaltbar. Viele Ärzte aus diesem Umfeld ziehen nach Deutschland, um dort nicht nur ein besseres Leben, sondern auch ein angeseheneres und ethisch fundierteres Berufsleben zu finden.

Die Bedeutung des Kongresses: Wissensaustausch, Moral und Solidarität

Der Kongress in Frankfurt war nicht nur für den Wissenstransfer von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die Betreuung neuer Ärzte, die Vernetzung und die Stärkung der kollektiven Moral. Die bereitgestellten Informationen sind eine wichtige Orientierungshilfe, insbesondere für Ärzte, die sich in der Facharztausbildung oder Approbation befinden. Solche vom MAC organisierten Veranstaltungen tragen nicht nur zur Integration eingewanderter Ärzte in das deutsche Gesundheitssystem bei, sondern schaffen auch eine Art professionellen Widerstandsraum gegen den gesellschaftspolitischen Zusammenbruch, den die Türkei erlebt.

Die Ironie des Friedensnobelpreises: Netanjahus Nominierung für Trump

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Donald Trump wurde offiziell für den Friedensnobelpreis 2025 nominiert. Der Nominator ist ein umstrittener Politiker: der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Diese Nachricht löste in der Weltöffentlichkeit Schock und Wut aus. Trumps bisherige Politik, die eher polarisierte als Frieden brachte, und Netanjahus Status als Schlüsselfigur im anhaltenden Gaza-Krieg machen diese Nominierung zu einer tragikomischen Ironie.

Trumps Nominierung stellt Persönlichkeiten wie den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in den Schatten. Nachdem er die Kriegsanstrengungen geleitet, die Evakuierung von Millionen Zivilisten organisiert und die Versorgung von Flüchtlingen in Europa sichergestellt hatte, gilt Selenskyj weithin als wahrscheinlicher Kandidat für den Friedensnobelpreis. Seine Widerstandsfähigkeit, Solidarität und seine Rolle in der internationalen Diplomatie während des Ukraine-Krieges machten ihn zu einer symbolträchtigen Friedenskämpferin. Ein weiterer Name, der im Nominierungsprozess eine wichtige Rolle spielte, ist Francesca Albanese, die UN-Sonderberichterstatterin für Palästina. Ihre Berichterstattung und ihr diplomatisches Engagement, die Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen anprangerten, haben sie zu einer prominenten Friedenskämpferin im Kontext der Bürgerrechte und des Völkerrechts gemacht. Albaneses Arbeit erinnert uns an die Verantwortung nicht nur der Konfliktparteien, sondern auch der internationalen Gemeinschaft.

Und natürlich gibt es eine weitere Gruppe, die nicht vergessen werden sollte: diejenigen, die ihr Leben riskieren, um den Menschen in Gaza zu helfen. Die Mitarbeiter des Gesundheitswesens, die im Dienst blieben, während Krankenhäuser bombardiert wurden, Kinder aus den Trümmern retteten und behandelten, sind Pioniere der humanitären Hilfe und des Friedens in seiner reinsten Form.

Wenn es um Persönlichkeiten geht, die mit Krieg, Unterdrückung und Diskriminierung in Verbindung gebracht werden, wird die eigentliche Bedeutung des Friedenspreises fragwürdig. Donald Trumps Nominierung für den Nobelpreis wirft die Frage auf, ob dieser prestigeträchtige Preis der politischen Instrumentalisierung geopfert wurde. Darüber hinaus weckt die Tatsache, dass der Vorschlag von Netanjahu selbst kam, den Verdacht, dass dieser Schritt eher ein Propagandainstrument als eine Botschaft des Friedens ist.

Die Entscheidung des Nobelkomitees wird nicht nur eine Einzelperson ehren; Es wird auch eine starke Botschaft an die Welt senden, was Frieden ist und wer ihn vertritt. Der einzige Weg, dem Geist des Nobelpreises treu zu bleiben, besteht darin, Persönlichkeiten auszuzeichnen, die sich aufrichtig für Frieden einsetzen, die Menschenrechte verteidigen und für Solidarität statt für Krieg eintreten.

Der Friedensnobelpreis wurde 1895 durch das Testament des schwedischen Chemikers und Industriellen Alfred Nobel ins Leben gerufen. Nobel hatte als Erfinder des Dynamits ein riesiges Vermögen angehäuft, doch der Einsatz dieser Erfindung zu Zerstörungszwecken beunruhigte ihn. In seinem Testament verfügte er die Einrichtung einer Reihe von Preisen, die jährlich an Personen verliehen werden sollten, die sich um die Menschheit besonders verdient gemacht haben. In diesem Zusammenhang würdigt der Friedensnobelpreis Personen und Organisationen, die zur Verhinderung oder Reduzierung von Kriegen beitragen. Er wurde erstmals 1901 verliehen.

Der 15. Juli jährt sich zum neunten Mal, doch das türkische Volk hat noch immer nicht gesagt: „Nie wieder!“

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Neun Jahre sind seit dem Putschversuch vom 15. Juli vergangen. Nach diesem Ereignis, das Erdoğan als „Segen Gottes“ bezeichnete, führten der in der Türkei verhängte Ausnahmezustand und die darauffolgenden gesetzlichen Erlasse zur Entlassung oder Ausweisung von rund 200.000 Beamten. Millionen von Studierenden und Bürgern waren unter den Opfern. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die akademische Welt waren noch schwerwiegender.

Zwischen 2016 und 2018 wurden über 8.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an öffentlichen Universitäten entlassen, das entspricht etwa 5,7 % aller Professorinnen und Professoren. Die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit nahm spürbar ab; die Zahl der Veröffentlichungen sank um 20–30 %, und viele Dissertationen wurden annulliert.

Die akademische Welt erlitt durch die gesetzlichen Erlasse nicht nur individuelle, sondern auch kollektive Verwüstungen:

  • 6.081 Akademiker wurden vom Hochschulrat entlassen.
  • Gegen die meisten der 2.212 Unterzeichner der Petition „Academics for Peace“ wurden während des Ausnahmezustands Ermittlungen eingeleitet.
  • 1.577 Dekane mussten zurücktreten, und zahlreiche Fakultäts- und Verwaltungsmitarbeiter sahen sich disziplinarischen Ermittlungen ausgesetzt.
  • Es wurden Selbstmorde unter aus dem öffentlichen Dienst entlassenen Akademikern gemeldet.

„Nie wieder!“

Der Satz „Nie wieder!“ hat sich nach totalitären Regimen und massiven Menschenrechtsverletzungen im Laufe der Geschichte ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Besonders in Deutschland ist dieser Satz nach dem Nationalsozialismus mit dem Slogan „Nie wieder!“ in Erinnerung geblieben: Nie wieder dürfen staatlich sanktionierte Ungerechtigkeiten, die Unterdrückung der Wissenschaft und die Unterdrückung der Meinungsfreiheit toleriert werden. Doch in den neun Jahren seit dem 15. Juli hat die Türkei es versäumt, diesen Aufruf zu verinnerlichen. Anstatt „Nie wieder!“ zu rufen, erleben wir eine Zeit, in der das gesellschaftliche und akademische Gedächtnis systematisch unterdrückt, kritische Stimmen neutralisiert und alternative Ansichten kriminalisiert werden.

Die Wissenschaft ist das intellektuelle Gewissen und der Kompass einer Gesellschaft. In der Türkei ist dieser Kompass jedoch stark verzerrt. Die akademischen Freiheiten sind brüchig geworden, die wissenschaftliche Produktion hat an Dynamik verloren, und die internationale Zusammenarbeit ist geschwächt. Opfer gesetzlicher Erlasse können ihre Verteidigungsrechte nach wie vor nicht wahrnehmen und werden daran gehindert, ihre wissenschaftliche Arbeit wieder aufzunehmen. Viele Akademiker, isoliert von ihren Kollegen im Ausland, sind zu Einsamkeit und Armut verdammt. Dieser Prozess hat nicht nur zu individuellem, sondern auch zu kollektivem Gedächtnisverlust geführt.

Um diese Situation umzukehren, ist eine erneuerte Akzeptanz von Recht, Menschenrechten und wissenschaftlichen ethischen Prinzipien notwendig. Die akademische Zukunft der Türkei kann nur in einem Umfeld gedeihen, in dem Meinungsfreiheit gewährleistet, Leistung priorisiert und kritisches Denken nicht bestraft wird. Die Wiederherstellung der durch internationale akademische Netzwerke geschaffenen Brücken, die Stärkung der Kultur der akademischen Solidarität und die Auseinandersetzung mit vergangenen Missständen bilden die Eckpfeiler dieses Wiederaufbaus.

An diesem Jahrestag muss die Türkei nicht nur mit der Vergangenheit aufarbeiten, sondern auch ihre Entschlossenheit für eine gerechtere, freiere und produktivere Zukunft unter Beweis stellen. Es ist noch nicht zu spät, „Nie wieder“ zu sagen – aber die Zeit läuft schnell davon.

Zugang zu Wissen oder Urheberrechtsverletzung? Der globale Wissenschaftskrieg um Sci-Hub und LibGen

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Der Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln und Büchern ist für Millionen von Studierenden, Forschenden und unabhängigen Wissenschaftlern weltweit nach wie vor ein Luxus. Die teuren Abonnementsysteme großer Verlage wie Elsevier, Wiley und Springer schränken die wissenschaftliche Produktion und Lehre stark ein, insbesondere in Entwicklungsländern. In diesem Umfeld entstandene „illegale Open-Access“-Plattformen wie Sci-Hub und Library Genesis (LibGen) sind zu Symbolen des freien Zugangs zu Informationen geworden und stehen gleichzeitig im Zentrum der Urheberrechtsdebatte.

Sci-Hub (https://sci-hub.se oder alternative Mirrors): Gegründet 2011 von der kasachischen Softwareentwicklerin und Neurowissenschaftlerin Alexandra Elbakyan. Bietet kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln.

LibGen / BookSC: Ein Open-Access-Repository mit einer großen Auswahl an PDF-Dateien, von wissenschaftlichen Büchern bis hin zu Lehrbüchern. Nutzer wählen diese Portale häufig, um kostenlos auf wissenschaftliche Publikationen zuzugreifen.

Diese Seiten wurden bereits mehrfach geschlossen oder durch Gerichtsbeschlüsse gesperrt. Dennoch gelang es ihnen, immer wieder mit neuen Domains zurückzukehren. Die Server von Sci-Hub wurden in Länder wie Russland, die Niederlande, Schweden und zuletzt Ecuador verlegt. Die Mirrors von LibGen sind weiterhin über das Tor-Netzwerk oder alternative Domains erreichbar.

US-Verlage haben Klagen in Milliardenhöhe gegen Sci-Hub eingereicht. 2017 gewann Elsevier eine Klage gegen Sci-Hub und erhielt 15 Millionen Dollar Schadensersatz. Die Website blieb jedoch weiterhin aktiv.

Piraterie oder akademische Solidarität?

Diese Plattformen verstoßen eindeutig gegen Urheberrechte. Ihre Unterstützer verteidigen diesen Verstoß jedoch als ethische Herausforderung. Hier sind einige gängige Begründungen:

  1. Öffentlich finanzierte Informationen sollten öffentlich sein: „Warum sollte steuerfinanzierte Forschung erneut bezahlt werden müssen?“
  2. Eine Lebensader für Entwicklungsländer: Sci-Hub kann die einzige Quelle für Einzelpersonen ohne institutionellen Zugang sein.
  3. Überhöhte Gewinnspannen der Verlage: Es ist ungerecht, dass Wissenschaftler mit kostenlos verfassten und rezensierten Inhalten hohe Gewinne erzielen.

Andererseits argumentieren viele Wissenschaftler und Verlagsvertreter, dass Urheberrechtsverletzungen dem wissenschaftlichen Ökosystem schaden und die Qualität des Publizierens beeinträchtigen.

Im Jahr 2021 berichtete die Zeitschrift Science, dass mehr als 70 % der 28 Millionen Downloadanfragen an Sci-Hub aus Ländern wie China, Indien, Indonesien, Iran, Brasilien, Ägypten und der Türkei stammten (https://datadryad.org/dataset/doi%3A10.5061/dryad.q447c).

Laut einer Analyse von Nature aus dem Jahr 2016 stammen 25 % der Sci-Hub-Nutzer von Universitäten mit institutionellem Zugang. Dies deutet darauf hin, dass Geschwindigkeit und nicht der Zugang ebenfalls ein Motiv ist (https://www.nature.com/nature-index/news/early-career-researchers-herald-change).

In vielen Ländern werden Open-Access-Plattformen (arXiv, PubMed Central, DOAJ) unterstützt, doch viele aktuelle Publikationen sind noch immer kostenpflichtig. Initiativen wie Plan S versuchen, öffentlich finanzierte Forschung in den Open Access zu zwingen.

In der Türkei ist der Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen trotz Maßnahmen wie dem Nationalen Dissertationszentrum des Hochschulrats nach wie vor eingeschränkt. Dies erhöht den Bedarf an Ressourcen wie Sci-Hub.

Sci-Hub und LibGen sind Symptome eines viel tiefer liegenden Problems, das über das Urheberrecht hinausgeht: Ohne fairen Zugang zu Informationen herrscht in der Wissenschaft Ungleichbehandlung. Diese Plattformen sind zwar nicht legal, doch ihre Existenz wirft eine ethische Frage auf: Wem gehören Informationen?

Die stille Revolution im Informationszugang: Afrikanische Universitäten setzen auf Open Science

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Wissenschaftliche Informationen, die in vielen Teilen der Welt noch immer über hohe Abonnementgebühren zugänglich sind, werden von einigen Universitäten in Afrika nach den Prinzipien des „Open Access“ demokratisiert. Pioniereinrichtungen in Ländern wie Südafrika, Kenia, Nigeria und Senegal entwickeln ein neues Verständnis des wissenschaftlichen Publizierens im Gegensatz zu traditionellen Verlagsmonopolen. Diese Entwicklung betrifft nicht nur den afrikanischen Kontinent, sondern alle Länder, in denen der Zugang zu Informationen eingeschränkt ist.

Das von großen Verlagen wie Elsevier, Springer Nature und Wiley geschaffene System erschwert oft selbst Universitäten mit begrenztem Budget den Zugang zu Forschungsergebnissen. Forschende zahlen eine Gebühr für die Veröffentlichung ihrer Artikel und müssen anschließend erneut für den Zugriff auf diese Inhalte zahlen.

Einige Universitäten und Forschungsorganisationen in Afrika, die sich von dieser Struktur gelöst haben, haben Open-Access-Richtlinien eingeführt und setzen damit sowohl für ihre Studierenden als auch für die globale Wissenschaft ein Vorbild.

Wegweisende Institutionen und Initiativen

  • Universität Kapstadt (Südafrika): Im Jahr 2023 entwickelte sie eine Richtlinie, die wissenschaftliche Mitarbeiter ermutigt, ihre Publikationen in Open-Access-Zeitschriften zu veröffentlichen. Die Universität hat Hunderte von Master- und Doktorarbeiten über ihr Open-Access-Repository OpenUCT (https://open.uct.ac.za/) öffentlich zugänglich gemacht.
  • Universität Nairobi (Kenia): Sie hat Tausende von wissenschaftlichen Publikationen über das seit 2021 aktive digitale Repository der UoN (https://erepository.uonbi.ac.ke/) Open Access zugänglich gemacht. Die Universität konnte außerdem ihre Ausgaben für Verlage wie Elsevier und Springer um 40 % senken.
  • SPARC Africa (https://sparcopen.org/): Dieses Netzwerk, das Open-Access-Bewegungen in Afrika unterstützt, fördert gemeinsam mit SPARC Global die Entwicklung von Open-Science-Richtlinien. Viele Universitäten aus Ländern wie Nigeria, Senegal und Uganda sind Teil des Netzwerks.
  • UNESCO-Empfehlung für Open Science (2021): Viele afrikanische Länder sind diesem globalen Dokument beigetreten und haben begonnen, auf nationaler Ebene Open-Science-Richtlinien zu entwickeln. In diesem Zusammenhang soll wissenschaftliche Daten und Publikationen so zugänglich wie möglich gemacht werden (https://www.unesco.org/en/open-science).

Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Entwicklungsländern haben keinen Zugang zu der Literatur, die die Grundlage ihrer Forschung bildet. Diese Situation verstärkt zwar die wissenschaftliche Ungleichheit, doch die Erfahrungen von Universitäten, die mit Open-Access-Modellen arbeiten, bieten eine wichtige Inspirationsquelle.

Obwohl in der Türkei in den letzten Jahren durch das Nationale Dissertationszentrum (https://tez.yok.gov.tr/UlusalTezMerkezi/) und institutionelle Open-Access-Archive des Hochschulrats einige Schritte unternommen wurden, besteht der Zugang zu internationalen Publikationen nach wie vor erheblich. Beispiele aus Afrika zeigen, dass in diesem Bereich mutigere und systematischere Schritte möglich sind.

Eine der markantesten Initiativen gegen profitorientierte Verlagsriesen ist „Plan S“ (https://www.coalition-s.org/). Dieser von europäischen Geldgebern unterstützte Plan zielt darauf ab, die Open-Access-Veröffentlichung aller mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungsarbeiten verbindlich vorzuschreiben. Einige afrikanische Länder haben ihre Unterstützung für diese Initiative erklärt.

Darüber hinaus spielen Open-Access-Plattformen wie das Directory of Open Access Journals (DOAJ, https://doaj.org/) und AfricArXiv (https://info.africarxiv.org/) eine wichtige Rolle dabei, wissenschaftliche Produktionen aus Afrika international bekannt zu machen.

Die Idee, dass der Zugang zu wissenschaftlichem Wissen ein globales Recht sein sollte, nimmt in Afrika mit einer wachsenden akademischen Bewegung Gestalt an. Diese Bewegung trägt nicht nur zur Entwicklung des Kontinents bei, sondern zeigt auch, dass Alternativen zum ausbeuterischen Publikationssystem möglich sind.

Der Durchbruch von Wissensmonopolen liegt nicht nur in der Verantwortung und im Interesse Afrikas, sondern aller Entwicklungsländer.

Proteste gegen den palästinensischen Völkermord wirken wie ein Lackmustest: Zensur an Universitäten nimmt zu

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Universitäten weltweit entwickeln sich zu Institutionen, an denen politische und soziale Spannungen zunehmend spürbar sind – und das nicht nur als Zentren der Wissenschaft und der Ausbildung junger Menschen. Jüngste Entwicklungen im Kontext des Palästina-Israel-Konflikts zeigen, wie fragil die Meinungsfreiheit selbst an Universitäten sein kann. Beispiele aus den USA, Deutschland, Frankreich und der Türkei zeigen, dass die akademische Welt vor einer schweren Bewährungsprobe steht.

Während die Columbia University und die New York University in den USA Studierende und Absolventen disziplinieren, die sich für Palästina ausgesprochen haben, rückt unter dem Druck der Trump-Administration das Einfrieren von Bundesmitteln auf die Tagesordnung. Während Logan Rozos, der in seiner Abschlussrede eine friedliche Botschaft über Palästina verbreitete, sein Diplom entzogen wurde, hat die wochenlange Inhaftierung des eingewanderten Akademikers Mahmoud Khalil öffentliche Empörung ausgelöst. Diese Vorfälle offenbaren nicht nur die Spannungen auf dem Campus, sondern auch die verschwimmenden Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Staatsmacht. https://apnews.com/article/nyu-commencement-speech-israel-palestinian-b358e0bb6961b43e426c97d3c4cdd03f https://www.ft.com/content/ffbd55e4-c94e-442c-b1f1-3b53c14e3ac1

In Deutschland sagte die Freie Universität Berlin die Rede der UN-Sonderberichterstatterin für Palästina, Francesca Albanese, aufgrund politischen Drucks ab. Berichten zufolge waren der Berliner Senat und politische Akteure außerhalb der Universität maßgeblich an dieser Entscheidung beteiligt. Solche Entwicklungen, bei denen die akademische Autonomie unter dem Deckmantel des „öffentlichen Drucks“ untergraben wird, zeigen, wie politisiert die Meinungsfreiheit in Deutschland geworden ist. https://www.middleeastmonitor.com/20250213-german-university-cancels-event-featuring-un-special-rapporteur-on-palestine/

Ein ähnliches Bild bietet sich in Frankreich. Proteste von Studierenden der renommierten Sciences Po Universität wurden mit brutalen Polizeieinsätzen niedergeschlagen. Eine Konferenz zu Palästina an der Universität Lille wurde mit der Begründung der „öffentlichen Ordnung“ abgesagt. Frankreichs traditionelle Werte von „Säkularismus“ und Freiheit können im universitären Umfeld durch politische Empfindlichkeiten gefährdet sein. https://www.aa.com.tr/en/europe/french-university-stirs-controversy-by-canceling-palestine-conference/3194629

In der Türkei ist das Bild deutlich ernster. Studierende und Wissenschaftler, die sich gegen die Innenpolitik der Regierung und nicht gegen die Palästinafrage aussprechen, sind systematischer Unterdrückung ausgesetzt. Friedliche Veranstaltungen an Universitäten werden mit Disziplinarverfahren und Polizeieinsätzen unterdrückt. Während Rektoren oft als verlängerter Arm der politischen Macht agieren, werden oppositionelle Akademiker entlassen und Studierende eingeschüchtert. In diesem Umfeld, in dem das Recht nicht ausreichend funktioniert, wird die akademische Freiheit fast vollständig zu einem formalen Konzept. https://tr.euronews.com/2025/04/07/yokten-universitelere-boykot-yazisi-idari-islem-yapin https://www.tr724.com/rejimin-yargi-silahi-gaziantep-operasyonu/

Diese Entwicklungen verdeutlichen die Krise, in der sich die Wissenschaft weltweit befindet. Als Institutionen, die nicht nur Wissen, sondern auch Werte produzieren, sollten Universitäten eine entscheidende Rolle beim Schutz der Meinungsfreiheit und des intellektuellen Pluralismus spielen. Die aktuellen Bedingungen zeigen jedoch, dass akademische Freiheit nicht nur gesetzliche Regelungen, sondern auch Mut, Solidarität und prinzipienbasierte Entschlossenheit erfordert. Diese Entwicklungen zeigen einmal mehr, dass der Satz „Der Charakter wird durch Entscheidungen unter Druck geprägt“ sowohl für Einzelpersonen als auch für Institutionen gilt. Die internationale Gemeinschaft darf diese Beispiele nicht als rein lokale Probleme betrachten, sondern muss Solidaritätsnetzwerke stärken und die Universitäten wieder in den Mittelpunkt des freien Denkens und der Debatte stellen. Schweigen ist keine Option; die Zukunft der Wissenschaft hängt von der heutigen Haltung ab.

Fulbright-Krise: Akademische Freiheit in den USA gerät ins Wanken

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Fulbright, eines der etabliertesten internationalen akademischen Austauschprogramme in den USA, steht vor der vielleicht größten Krise seiner Geschichte. Der zwölfköpfige unabhängige Fulbright-Beirat trat letzte Woche als Reaktion auf die Versuche der Trump-Administration zurück, ihren politischen Einfluss auf das Programm zu erhöhen. Dieser Rücktritt ist nicht nur ein Protest, sondern auch ein ernstes Alarmsignal für die akademische Freiheit und die internationale Zusammenarbeit. (https://www.derstandard.at/story/3000000273653/fulbright-vorstand-tritt-aus-protest-gegen-us-regierung-zur252ck https://www.twincities.com/2025/06/11/trump-fulbright/)

Die Beiratsmitglieder gaben bekannt, dass die Trump-Administration die Stipendienanträge von rund 200 amerikanischen Wissenschaftlern abgelehnt und die Anträge von rund 1.200 ausländischen Forschern in ein vorläufiges Prüfungsverfahren mit unklarer Rechtsgrundlage gegeben hat. Die betroffenen Wissenschaftler forschten zu Themen wie Klimawandel, Gender, Einwanderung und Rasse. Dies weckte die Befürchtung, dass die Regierung direkt in akademische Inhalte eingreift.

Der Beirat befand, diese Eingriffe stünden im Widerspruch zum Grundgedanken des Fulbright-Programms – den Prinzipien der Völkerverständigung und der freien Forschung. In den Rücktrittsschreiben wurde besonders betont: „Fulbright sollte der akademischen Integrität dienen, nicht der politischen Propaganda.“

Das Fulbright-Programm hat bisher über 400.000 Forschende gefördert, darunter Nobel- und Pulitzer-Preisträger. Es geriet jedoch in letzter Zeit nicht nur durch inhaltliche Kontrolle, sondern auch durch Budgetkürzungen unter Druck. Gesetzesentwürfe, die das jährliche Budget des Programms von 691 Millionen auf 50 Millionen Dollar reduzieren sollen, haben im Kongress heftige Debatten ausgelöst.

Diese Entwicklungen in den USA sind nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch im Hinblick auf die globale akademische Zusammenarbeit besorgniserregend. Das Einfrieren von Milliarden Dollar an Fördermitteln an Universitäten wie Harvard, Cornell und Northwestern zeigt, dass die Spannungen zwischen Wissenschaft und Politik einen neuen Höhepunkt erreicht haben. In gewisser Weise bedeutet dies, dass die Hochschulbildung in den USA „gezwungen ist, sich zu lokalisieren“.

Angesichts all dieser Entwicklungen werden wir erneut daran erinnert, dass „der Charakter unter Druck offenbart wird“. Um sich zu verteidigen, braucht die Wissenschaft nicht nur ethische Prinzipien, sondern auch transparenten und kollektiven Widerstand.

Die internationale akademische Gemeinschaft darf angesichts solcher Krisen nicht schweigen. Andernfalls ist nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die weltweite Verbreitung freier Gedanken ernsthaft gefährdet.

FutureHouse: Wissenschaftliche Revolution durch die Ausbildung von KI-Wissenschaftlern

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FutureHouse mit Sitz in San Francisco ist ein gemeinnütziges Forschungslabor, das KI-Wissenschaftler ausbildet, um Lösungen für die größten Probleme der Menschheit zu finden. Die für 2023 veröffentlichten Ziele des Labors sehen vor, die Forschung der nächsten Generation durch die Automatisierung wissenschaftlicher Methoden, vor allem in der Biologie, zu beschleunigen (https://www.futurehouse.org/)

Heute übersteigt das Volumen wissenschaftlicher Forschung die menschliche Kapazität bei weitem. Allein die PubMed-Datenbank umfasste im Jahr 2024 über 38 Millionen wissenschaftliche Artikel. Täglich kommen Tausende hinzu. Für menschliche Forscher wird es zunehmend schwieriger, in diesem riesigen Informationspool aussagekräftige Hypothesen zu entwickeln, Forschungsergebnisse zu bewerten und bahnbrechende Entdeckungen zu erzielen. Hier kommt FutureHouse ins Spiel:

FutureHouse verfolgt einen vierstufigen Ansatz zur Automatisierung wissenschaftlicher Entdeckungen:

  1. KI-Tools (AlphaFold-ähnliche Modelle, Laborexperimente).
  2. KI-Wissenschaftliche Assistenten (textbasierte Literaturrecherche, Hypothesenentwicklung).
  3. KI-Wissenschaftler (Experimentdesign, Hypothesenentwicklung, Datenanalyse und Schlussfolgerungen).
  4. Mensch – die Phase, in der wissenschaftliche Untersuchungsprozesse künftig ohne menschliches Zutun durchgeführt werden können.

Diese Struktur macht den wissenschaftlichen Prozess sowohl tiefgreifend als auch skalierbar und ermöglicht Forschern schnellere Entdeckungen.

Ein kürzlich veröffentlichter Nature-Artikel berichtete, dass das von FutureHouse entwickelte Modell Ether0 bei chemischen Problemen sogar das menschliche Niveau übertroffen hat (https://www.nature.com/articles/d41586-025-01753-1). Ether0 beantwortet Fragen Schritt für Schritt mit einer logischen Kette und verfolgt dabei einen Ansatz namens „Argumentationsmodell“. Im Gegensatz zu herkömmlichen LLMs soll diese Technologie wissenschaftliche Glaubwürdigkeit durch die Erklärung des Entscheidungsprozesses gewährleisten.

FutureHouse ist ein vollständig gemeinnütziges „Moonshot“-Labor, das von Spendern wie Eric Schmidt unterstützt wird. Sein Ziel ist nicht, den Kurs großer Pharmaunternehmen zu ändern; es soll vielmehr einen transparenten und disziplinierten wissenschaftlichen Produktionsprozess schaffen, der dem Wohl der Menschheit dient (https://www.nature.com/articles/d41586-025-01753-1).

Laut TechCrunch kann FutureHouses neuer KI-Agent namens Finch „wie ein Doktorand arbeiten“ und biologische Daten direkt analysieren (https://techcrunch.com/2025/05/06/futurehouse-previews-an-ai-tool-for-data-driven-biology-discovery/). Solche Werkzeuge haben das Potenzial, sowohl die Geschwindigkeit als auch die Kapazität von Laboren grenzenlos zu steigern.

Ursprünglich als „Erweiterung der menschlichen Intelligenz“ konzipiert, zielen diese Systeme darauf ab, letztendlich „KI-Wissenschaftler“ hervorzubringen, die Menschen ersetzen können.

Mit diesem Projekt von FutureHouse könnte eine „wissenschaftliche Automatisierungsmaschine“ entstehen, die Entdeckungen in der Wissenschaft von 0 auf 1 skalieren wird. Dieser Ansatz ist auch für die akademische Solidaritätsplattform inspirierend, die sich dafür einsetzt, dass Wissenschaft Demokratie und Menschlichkeit dienen soll. Unabhängig von der technologischen Entwicklung kann die Mission „Wissenschaft für die Menschheit“ erreicht werden, wenn sie von Strukturen getragen wird, die menschliche Werte, Ethik und den Geist autonomer Wissenschaft berücksichtigen.

„Make America Great“: Nicht möglich ohne Einwanderer – Bedeutungsvolle Abschlussrede in Harvard

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Die Abschlussfeier 2025 der Harvard University war nicht nur ein akademischer Anlass, sondern auch eine Gelegenheit, über Einwanderung, akademische Freiheit und politische Unterdrückung nachzudenken. Die Rede von Dr. Abraham Verghese, Professor und Autor der Stanford University (https://youtu.be/4mjPt7cZW1k?si=K2SCPaQf2mXy1dlQ), beleuchtete diese Themen und inspirierte die Absolventen.

Verghese, der in Äthiopien geboren wurde und in Indien Medizin studierte, berichtete in seiner Rede von seinen eigenen Einwanderungserfahrungen. Verghese, der in die USA kam, um eine medizinische Karriere zu verfolgen, betonte die Chancen, die Amerika Einwanderern bietet, und den Beitrag dieser Vielfalt zur Stärke des Landes. Er kritisierte außerdem die Politik der Trump-Administration gegenüber internationalen Studierenden und lobte Harvards Haltung gegen diese Unterdrückung.

Verghese rief die Absolventen dazu auf, den Wert des Lebens zu schätzen und ihre Zeit optimal zu nutzen. Eine weitere wichtige Aussage seiner Rede war der Satz: „Charakter wird durch Entscheidungen unter Druck geprägt.“

In einem der prägnantesten Momente seiner Rede bezog sich Dr. Abraham Verghese auf den Slogan „Make America Great Again“, den der ehemalige US-Präsident Donald Trump häufig verwendete. Verghese betonte jedoch, dass die Beiträge von Einwanderern gewürdigt werden müssten, damit dieser Slogan wirklich zum Leben erweckt werden könne. Ausgehend von seiner eigenen Einwanderungsgeschichte erinnerte er daran, dass sich Amerika durch internationale Beiträge in vielen Bereichen entwickelt habe, von Wissenschaft über Kunst und Technologie bis hin zum Gesundheitswesen. „Was dieses Land großartig macht, sind seine Werte, die es weltoffen halten“, sagte er.

Diese Betonung war sowohl ein Hinweis auf politische Rhetorik als auch ein starkes Zeichen gegen zunehmende Fremdenfeindlichkeit.

In seiner Rede anlässlich der Abschlussfeier bekräftigte Harvard-Präsident Alan Garber das Engagement der Universität für ihre globale Studierendengemeinschaft. Er erklärte, internationale Studierende seien ein integraler Bestandteil von Harvard und betonte: „Aus aller Welt – so wie es sein sollte.“ Diese Aussage wurde als Protest gegen die Beschränkungen der Trump-Administration für internationale Studentenvisa interpretiert.

Die Harvard University hat erneut ihr Engagement für akademische Freiheit und Vielfalt unter Beweis gestellt, indem sie dem Druck auf internationale Studierende standhielt. Vergheses Rede bot nicht nur den Absolventinnen und Absolventen, sondern der gesamten Gesellschaft die Gelegenheit, über Einheit, Solidarität und menschliche Werte nachzudenken.